Für die hyperventilierenden Fans steht „El Tri“ schon im Achtelfinale – dabei ist die Ausgangsposition wegen zweier Treffer in der Nachspielzeit gar nicht so gut. Trainer Osorio warnt.
Nach dem wichtigen 2:1-Sieg über Südkorea ließ Torschütze Javier „Chicharito“ Hernandez seinen Gefühlen freien Lauf. „¡Imaginemos cosas chingonas, carajo!“, ließ der Mexikaner seine verdutzten Zuschauer und Zuhörer wissen, was frei übersetzt so viel heißt wie „Wir müssen groß denken.“ Und damit jeder versteht, was der mexikanische Torjäger von West Ham United so meint, berief er sich auf zwei berühmte Beispiele aus der jüngeren Fußball-Geschichte: „Warum können wir nicht das Griechenland der Europameisterschaft oder das Leicester der Premier League sein“, fragte der ehemalige Leverkusener Profi „Chicharito“ im Sender ESPN. Kurzum: Warum nicht gleich die ganze Fußball-Welt erobern, wie es die großen Außenseiter 2004 und 2017 vormachten.
Mit jedem Sieg der Mexikaner lodert in der Heimat das Feuer noch heller, wächst das Interesse noch weiter. Zu Hause in Mexiko jubeln die beiden WM-Sender Televisa und TV Atzeca über die hohen Einschaltquoten. Am Samstag versammelten sich wieder Tausende Fans vor der Großbildleinwand unmittelbar vor der Kathedrale in Mexiko-Stadt. Die gute Laune des Siegeszuges aus Russland schwappt herüber nach Mexiko, und umgekehrt sorgen die aus der Heimat ins mexikanische Lager nach Russland transportierten Bilder für einen zusätzlichen Motivationsschub.
Nichts und niemand scheint Deutschland-Bezwinger Mexiko aufhalten zu können. Und erstaunlich viele Prominente halten ihre Fähnchen in den strammen Wind, in dem die Flagge von „El Tri“ nach den zwei Siegen in den Auftaktspielen der Gruppe stolz weht. Vor ein paar Tagen noch hatte Diego Maradona über die Mexikaner gelästert, als es um die WM-Vergabe 2026 ging: „Mexiko verdient es nicht. Wenn die Mexikaner gegen Brasilien oder Deutschland spielen . . . Boom, und sie sind draußen“, so der Argentinier. Zwei Siege später ist Maradona plötzlich vom Gegenteil überzeugt: „Ich bin ab sofort Mexiko-Fan, weil sie die großen Unterhalter der ersten Runde waren, Mexiko hat gezeigt, dass es leicht im letzten Gruppenspiel gegen Schweden gewinnen kann, sie sind in Form“, ließ Maradona im Lobby-Sender der lateinamerikanischen Linksregierungen, „Telesur“, wissen, für den er inzwischen traditionell die WM kommentiert.
Die Stimmung im Land hat sich flugs gedreht
Mit seinen Vorhersagen ist es allerdings so eine Sache. Die Kehrtwenden rund um das mexikanische Team sind atemraubend. Fans planen einen Entschuldigungsmarsch, um beim Trainer Juan Carlos Osorio um Vergebung zu bitten, der vor der WM im eigenen Land scharf kritisiert wurde. Und der mexikanische Sänger Christian Nodal brachte dem Kolumbianer am Rande des Trainings sogar ein Ständchen. „Adios Amor“ hieß der liebevoll dargebrachte Schmachtfetzen. Bis vor wenigen Tagen musste sich der Fußball-Lehrer noch das bösartige „Fuera Osorio“ (Osorio raus) aus mexikanischen Kehlen anhören.
Der Südamerikaner scheint der Einzige zu sein, der im aktuell hyperventillierenden Umfeld von „El Tri“ die Ruhe bewahrt. Die Schweden, warnt er, seien ein gefährliches, gut strukturiertes und im Kopfballspiel starkes Team. Warnungen, die in Mexiko wahr-, aber nicht ernst genommen werden. „Wir wissen, es ist schwierig zu verstehen, dass Mexiko mit zwei Siegen immer noch nicht seine Qualifikation für das Achtelfinale gesichert hat“, versucht die Tageszeitung „El Universal“ ihren Lesern die Möglichkeit näherzubringen, dass das ganze Projekt an diesem Mittwoch auch jäh enden könnte. Sollte nämlich Mexiko gegen Schweden 0:1 verlieren und Deutschland gleichzeitig Südkorea mit dem gleichen Resultat schlagen, wäre es vorbei mit dem mexikanischen Sommermärchen, rechnet „El Universal“ vor. Viel dramatischer kann die Fallhöhe nicht sein.
Zwei der mexikanischen Erfolgssäulen: Torwart Guillermo Ochoa (links) und der ehemalige Leverkusener Hernandez.
Zwei der mexikanischen Erfolgssäulen: Torwart Guillermo Ochoa (links) und der ehemalige Leverkusener Hernandez. : Bild: AP
Doch mit einem Scheitern rechnen weder die mexikanische Öffentlichkeit noch der Rest der Welt. Stattdessen weckt die bisherige Siegesserie Begehrlichkeiten. Der Nachbar Vereinigte Staaten, diesmal nur Zuschauer, ist auf der Suche nach einem starken Mann für die Bank. „Warum nicht einfach Mexikos Trainer stehlen“, fragt spitzbübisch die Tageszeitung „USA Today“. Spekuliert wird auch über die Zukunft von Hirving „Chucky“ Lozano (22), der gegen Deutschland den historischen Treffer erzielte. Der FC Liverpool sei interessiert, ebenso der spanische Meister FC Barcelona, heißt es in den Medien. Mit Mino Raiola hat Lozano, der in der vergangenen Spielzeit für den PSV Eindhoven immerhin 17 Mal traf und elf Tore vorbereitete, einen der aggressivsten Spielerberater auf dem Markt. Und Raiola weiß, wie er seinen Klienten plazieren muss.
Osorio stecke vor der Partie gegen Schweden in einem Dilemma, spekulieren derweil die mexikanischen Medien. Eigentlich hätte der Rotationsanhänger gegen Schweden die Mannschaft auf fünf Positionen ändern wollen, um Kräfte fürs Achtelfinale zu schonen. Doch nun geht es doch noch einmal ums Weiterkommen und den Gruppensieg. Zwei Tore in den Schlusssekunden des vergangenen Spieltages haben Mexiko aus dem Traum der vorzeitigen Achtelfinalqualifikation gerissen – Toni Kroos’ Siegtreffer gegen Schweden in den letzten Sekunden der Nachspielzeit und der südkoreanische Gegentreffer von Son Heung-min im eigenen Spiel in der 93. Minute, der die Tordifferenz verschlechterte. Doch für pessimistische Gedanken ist derzeit kein Platz rund um das mexikanische Team. Mexiko denkt inzwischen groß.
Nach dem wichtigen 2:1-Sieg über Südkorea ließ Torschütze Javier „Chicharito“ Hernandez seinen Gefühlen freien Lauf. „¡Imaginemos cosas chingonas, carajo!“, ließ der Mexikaner seine verdutzten Zuschauer und Zuhörer wissen, was frei übersetzt so viel heißt wie „Wir müssen groß denken.“ Und damit jeder versteht, was der mexikanische Torjäger von West Ham United so meint, berief er sich auf zwei berühmte Beispiele aus der jüngeren Fußball-Geschichte: „Warum können wir nicht das Griechenland der Europameisterschaft oder das Leicester der Premier League sein“, fragte der ehemalige Leverkusener Profi „Chicharito“ im Sender ESPN. Kurzum: Warum nicht gleich die ganze Fußball-Welt erobern, wie es die großen Außenseiter 2004 und 2017 vormachten.
Mit jedem Sieg der Mexikaner lodert in der Heimat das Feuer noch heller, wächst das Interesse noch weiter. Zu Hause in Mexiko jubeln die beiden WM-Sender Televisa und TV Atzeca über die hohen Einschaltquoten. Am Samstag versammelten sich wieder Tausende Fans vor der Großbildleinwand unmittelbar vor der Kathedrale in Mexiko-Stadt. Die gute Laune des Siegeszuges aus Russland schwappt herüber nach Mexiko, und umgekehrt sorgen die aus der Heimat ins mexikanische Lager nach Russland transportierten Bilder für einen zusätzlichen Motivationsschub.
Nichts und niemand scheint Deutschland-Bezwinger Mexiko aufhalten zu können. Und erstaunlich viele Prominente halten ihre Fähnchen in den strammen Wind, in dem die Flagge von „El Tri“ nach den zwei Siegen in den Auftaktspielen der Gruppe stolz weht. Vor ein paar Tagen noch hatte Diego Maradona über die Mexikaner gelästert, als es um die WM-Vergabe 2026 ging: „Mexiko verdient es nicht. Wenn die Mexikaner gegen Brasilien oder Deutschland spielen . . . Boom, und sie sind draußen“, so der Argentinier. Zwei Siege später ist Maradona plötzlich vom Gegenteil überzeugt: „Ich bin ab sofort Mexiko-Fan, weil sie die großen Unterhalter der ersten Runde waren, Mexiko hat gezeigt, dass es leicht im letzten Gruppenspiel gegen Schweden gewinnen kann, sie sind in Form“, ließ Maradona im Lobby-Sender der lateinamerikanischen Linksregierungen, „Telesur“, wissen, für den er inzwischen traditionell die WM kommentiert.
Die Stimmung im Land hat sich flugs gedreht
Mit seinen Vorhersagen ist es allerdings so eine Sache. Die Kehrtwenden rund um das mexikanische Team sind atemraubend. Fans planen einen Entschuldigungsmarsch, um beim Trainer Juan Carlos Osorio um Vergebung zu bitten, der vor der WM im eigenen Land scharf kritisiert wurde. Und der mexikanische Sänger Christian Nodal brachte dem Kolumbianer am Rande des Trainings sogar ein Ständchen. „Adios Amor“ hieß der liebevoll dargebrachte Schmachtfetzen. Bis vor wenigen Tagen musste sich der Fußball-Lehrer noch das bösartige „Fuera Osorio“ (Osorio raus) aus mexikanischen Kehlen anhören.
Der Südamerikaner scheint der Einzige zu sein, der im aktuell hyperventillierenden Umfeld von „El Tri“ die Ruhe bewahrt. Die Schweden, warnt er, seien ein gefährliches, gut strukturiertes und im Kopfballspiel starkes Team. Warnungen, die in Mexiko wahr-, aber nicht ernst genommen werden. „Wir wissen, es ist schwierig zu verstehen, dass Mexiko mit zwei Siegen immer noch nicht seine Qualifikation für das Achtelfinale gesichert hat“, versucht die Tageszeitung „El Universal“ ihren Lesern die Möglichkeit näherzubringen, dass das ganze Projekt an diesem Mittwoch auch jäh enden könnte. Sollte nämlich Mexiko gegen Schweden 0:1 verlieren und Deutschland gleichzeitig Südkorea mit dem gleichen Resultat schlagen, wäre es vorbei mit dem mexikanischen Sommermärchen, rechnet „El Universal“ vor. Viel dramatischer kann die Fallhöhe nicht sein.
Zwei der mexikanischen Erfolgssäulen: Torwart Guillermo Ochoa (links) und der ehemalige Leverkusener Hernandez.
Zwei der mexikanischen Erfolgssäulen: Torwart Guillermo Ochoa (links) und der ehemalige Leverkusener Hernandez. : Bild: AP
Doch mit einem Scheitern rechnen weder die mexikanische Öffentlichkeit noch der Rest der Welt. Stattdessen weckt die bisherige Siegesserie Begehrlichkeiten. Der Nachbar Vereinigte Staaten, diesmal nur Zuschauer, ist auf der Suche nach einem starken Mann für die Bank. „Warum nicht einfach Mexikos Trainer stehlen“, fragt spitzbübisch die Tageszeitung „USA Today“. Spekuliert wird auch über die Zukunft von Hirving „Chucky“ Lozano (22), der gegen Deutschland den historischen Treffer erzielte. Der FC Liverpool sei interessiert, ebenso der spanische Meister FC Barcelona, heißt es in den Medien. Mit Mino Raiola hat Lozano, der in der vergangenen Spielzeit für den PSV Eindhoven immerhin 17 Mal traf und elf Tore vorbereitete, einen der aggressivsten Spielerberater auf dem Markt. Und Raiola weiß, wie er seinen Klienten plazieren muss.
Osorio stecke vor der Partie gegen Schweden in einem Dilemma, spekulieren derweil die mexikanischen Medien. Eigentlich hätte der Rotationsanhänger gegen Schweden die Mannschaft auf fünf Positionen ändern wollen, um Kräfte fürs Achtelfinale zu schonen. Doch nun geht es doch noch einmal ums Weiterkommen und den Gruppensieg. Zwei Tore in den Schlusssekunden des vergangenen Spieltages haben Mexiko aus dem Traum der vorzeitigen Achtelfinalqualifikation gerissen – Toni Kroos’ Siegtreffer gegen Schweden in den letzten Sekunden der Nachspielzeit und der südkoreanische Gegentreffer von Son Heung-min im eigenen Spiel in der 93. Minute, der die Tordifferenz verschlechterte. Doch für pessimistische Gedanken ist derzeit kein Platz rund um das mexikanische Team. Mexiko denkt inzwischen groß.
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